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Simon Grennan & Chris Sperandio
„Invisible City - Unsichtbare Stadt

Comic-Portraits Comic-Portraits in Zusammenarbeit mit Nachtschicht-ArbeiterInnen
Poster in U-Bahnwagen und auf Hintergleisflächen


                                                                                                                                                             Foto: Marco Canevacci

Idee

Für ihr Projekt Invisible City führten die beiden Künstler Simon Grennan (aus Wales) und Chris Sperandio (USA) Interviews mit Menschen, die im Untergrund arbeiten und den Betrieb des öffentlichen Nahverkehrs aufrechterhalten, wenn große Teile der Stadt längst schlafen. Fahrer, Reinigungspersonal, Weichensteller, Zeitungsverkäufer und viele mehr bleiben für die Mehrheit derjenigen, die täglich mit Bus und Bahn fahren unsichtbar. Diesen widmen die Künstler eine Serie von Portraits, im Comicstil gezeichnet, die von Oktober bis Dezember auf Hintergleisflächen verschiedener U-Bahnhöfe und im Berliner Fenster und monatlich im BVG-Kundenmagazin "Plus" zu sehen sein werden.

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Vorshau von Portraits:

  • U-Bahnhof Schloßstr. (Bahngleis U9, Richtung Steglitz) vom 13.10. bis 22.11.
  • U-Bahnhof Kottbuser Tor (Bahngleis U8, Richtung Hermannstr.) vom 13.10. bis 03.12.
  • U-Bahnhof Innsbrucker Platz (Bahngleis U4) von 26.10. bis 29.11.
  • U-Bahnhof Bernauer str. (Bahngleis U8) ab 10.12 (alle Portraits)

  • im „Berliner Fenster“ (BVG Fahrgastfernsehen) von 29.10. bis 16.12.
  • und monatlich im BVG-Kundenmagazin ?plus" (vom Oktober 2009)



Portraitsgalerie

31.08.2009, U-Bhf. Potsdamer Platz
Kantine Fa.Sasse, 19 Uhr

Herr S., Reinigungskraft Fa. Sasse

a) Es ist schon’n bisschen unheimlich. Du bist da ganz allein und jedes Geräusch kommt dir ziemlich laut vor. Da kann man leicht erschrecken.
b) Die Stimmung ist aggressiver und nachts kann es eher zu Gewalt kommen. Das ist mit ein Grund, warum wenig Frauen diesen Job machen. Es ist aber total OK, solange mich niemand stört.
c) Nachts musst du dir einfach die Leute, die in den Bahnhof kommen ein bisschen genauer angucken.
d) Ich mache im Schichtdienst die Bahnhöfe sauber. Es macht mir nichts aus, nachts zu arbeiten. Du kommst in so einen Rhythmus rein, wenn zwischen den Tag- und den Nachtschichten ein paar Tage frei sind.

31.08.2009, U-Bhf. Potsdamer Platz
Kantine Fa.Sasse, 20 Uhr

Herr S., Reinigungskraft Fa. Sasse

a) Ich fahre immer dahin, wo ich im U-Bahnnetz gerade gebraucht werde. Ich kann alle Reinigungsmaschinen auf allen Stationen bedienen.
b) Ich habe mich immer weitergebildet, so dass ich jetzt ’ne Art Facharbeiter bin.
c) Nachts zu arbeiten kann ziemlich hart sein. Du siehst deine Familie nicht oft und deshalb suchen sich auch viele nach relativ kurzer Zeit wieder ’was anderes.
d) Nachts gibt es unterschiedliche Stoßzeiten. Um zwei Uhr nachts kann es genauso voll sein, wie um sieben Uhr morgens.
e) Man hat immer Kontakt zu den Passagieren. Wenn du selbstsicher bist oder Humor hast is’ das in Ordnung. Ärger kann man auch aus’m Weg gehen. Sylvester war da ‘n Haufen betrunkener Frauen, die mich alle küssen wollten.

01.08.2009, U-Bhf. Kottbusser Tor
Blumenladen, 20 Uhr

Frau Y., Floristin

a) Ich hab’ den Laden hier seit 1982. Ich habe Stammkunden, die schon seit Jahren bei mir Blumen kaufen. Das ist gut.
b) Angefangen habe Ich mit meinem Mann, aber jetz mach Ich hier alles alleine.
c) Die Arbeit hier ist immer ein Kampf. Es gibt so viele verschiedene Typen von Leuten hier. Manche machen zemlich viel Dreck.
d) Am Wochenende, so am Abend, ist es am besten.

02.09.2009, U-Bhf. Kleistpark
Serviceleitstelle Kleistpark, 10 Uhr

Herr P., Stationsmanager

a) Die Leitstelle hier ist wie’n Aquarium. Manchmal stehen Leute minutenlang davor und gucken dich an, wie du arbeitest.
b) Man muss schon ein bisschen ‘ne exhibitionistische Ader haben. Mir gefällt das nicht so.
c) Selbst nach dreizehn Jahren als Stationsmanager, kann ich mich nicht daran gewöhnen, nachts zu arbeiten. Es ist gegen meinen Biorhythmus. Ich werde sehr müde. Am liebsten arbeite ich die Vormittagsschicht. Dann hab’ ich am Nachmittag Zeit für meine Familie.
d) Die Leute scheinen nachts aggressiver zu sein, oder es fühlt sich vielleicht einfach so an, als ob die Leute sich weniger im Griff haben und eher ausfallend werden.

02.09.2009, U-Bhf. Kleistpark
Serviceleitstelle Kleistpark, 11 Uhr

Herr S., Weichensteller

a) Ich arbeite seit fünfundzwanzig Jahren als Stellwerker – seit dreizehn Jahren an diesen Linien. Ich hatte mehrere Monate Schulung und musste alles über das gesamte Netzwerk lernen.
b) Die Nachtschicht ist eine vollkommen andere Arbeit als die Tagschicht. Es geht hauptsächlich um Reinigung, Wartung und Bauarbeiten. Bauarbeiter, Material und Werkzeug müssen dahin gebracht werden, wo sie gebraucht werden.
c) Oft wird ein Gleis für Bauarbeiten gesperrt und auf dem anderen Gleis haben wir dann Züge im Pendelverkehr.
d) Wenn ich auf dem Bildschirm sehe, dass irgendwo ‘was passiert, habe ich genau im Kopf, wie die Stelle in Echt aussieht. Das ist Voraussetzung.

02.09.2009, U-Bhf. Herrmannplatz
Enis Backshop, 14 Uhr

Frau K., Backshopbetreiberin

a) Ich steh’ um drei Uhr morgens auf, um um vier Uhr den Laden auf zu machen. Aber nicht jeden Tag. Ich habe vier Angestellte. Wir machen das ganze Essen selber, außer den Kuchen.
b) Um vier Uhr warten meistens schon Kunden auf uns, weil wir so guten Kaffee haben. Dann müssen wir gleichzeitig bedienen und die Brötchen für den Tag schmieren. Hier ist sehr viel los, sogar schon ganz früh morgens!
c) Die Wochenenden sind manchmal nicht so gut, wegen der vielen Betrunkenen, aber die meisten Leute sind sehr nett.
d) Mein Mann hatte die Idee, den Laden hier aufzumachen und ich mochte das. Wir wollen so lange hier bleiben wie wir können. Den Laden haben wir nach unserem kleinen Sohn benannt.

03.09.2009, U-Bhf. Kottbusser Tor
NGBK Geschäftsstelle, 11 Uhr

Herr B., Busfahrer

a) Die Stadt ist nachts vollkommen anders. Manche Gegenden, in denen tagsüber viel los ist sind dann absolut langweilig und andere werden dann erst lebendig. Ich arbeite Teilzeit in der Spätschicht, so dass ich Zeit für meine Familie habe.
b) Das Fahren ist körperlich anstrengend. Das macht sich vor allem im Rücken und in den Schultern bemerkbar. Wenn ich dem Arzt sage, dass ich Fahrer bin, weiß der gleich Bescheid.
c) Es ist ein toller Beruf, wenn alles gut funktioniert: die Klimaanlage, der Zeitplan… Das alles absolut ruhig und plangemäß verläuft, kommt etwa einmal in der Woche vor. Das ist dann ein Highlight.
d) Nachts kann man seine Gedanken schweifen lassen. Natürlich konzentriere ich mich immer auf das Fahren! Aber ich meine, man kann gleichzeitig woanders sein: über ein Gespräch nachdenken, das man in der Pause geführt hat oder etwas anderes.
e) Die Stammkunden sind für mich das Salz in der Suppe. Ich lerne sie im Laufe der Zeit kennen. Die brauchen uns und wir können den Leuten –wenn auch nur ein kleines Stück weit– helfen.

16.10.2009, U-Bhf. Schloßstraße
U-Bahnhof Schloßstraße, 11 Uhr

Herr P., Sicherheitskraft

a) Ich arbeite im gesamten BVG-Netz, beantworte Fragen von Fahrgästen, Touristen, Fussgängern. Die Leute fragen nach dem Weg oder nach Sehenswürdigkeiten, suchen aber auch Hilfe in Notlagen. Es macht Spass, mit so vielen verschiedenen Menschen zu arbeiten.
b) Ich habe in früheren Jobs schon auf der ganzen Welt gearbeitet – Afrika, Indien, Afghanistan, Pakistan. Ich spreche ausser Deutsch und Englisch noch Urdu. Manchmal arbeite ich beratend für die Armee in sozialen und kulturellen Fragen des Mittleren und Fernen Ostens. Bei meiner Arbeit im Untergrund werde ich auch manchmal auf Urdu angesprochen.
c) Ich arbeite am liebsten spät und Nachts. Da die Leute Abends entspannter, besser gelaunt sind und auch softer agieren als am Morgen.

16.10.2009, U-Bhf. Alexanderplatz
U-Bahnhof Alexanderplatz BVG-Diensteservice, 17 Uhr

Frau K. und Herrn R., Sicherheitsdienst-Mitarbeiter

a) Wir haben uns bei der Arbeit kennen gelernt. Seit neun Jahren arbeiten Wir zusammen und seit achteinhalb Jahren sind Wir ein Paar. Dass Wir als festes zweier-team zusammen arbeiten ist seit ungefähr fünf jahren so. Das hat sich einfach so ergeben.
b) Die Frühsghight ist die meiste Arbeit. Da sind die Leute die aus der vorigen nach übrig geblieben sind. Es gibt nichts, was Wir hier noch nicht erlebt haben, einmal lief hier sogar ein völlig nackter Mann Rum. Und das im Herbst?
c) Es ist fantastisch! Die Arbeit ist viel leighter, weil Wir uns so gut kennen. Wir wissen in jeden Situation genau wie die andere reagiren wird.
d) Unsere Hund heisst Hella. Sie ist die dritte in unserem Team.

Lebenslauf

Das internationale Künstlerteam Simon Grennan (UK) und Christopher Sperandio (US) arbeiten seit 1990 zusammen. Als frühe Pioniere des „New Genre public art“ geltend sind sie bekannt für zahlreiche Comicbücher in großen Auflagen, eine amerikanische Fernsehserie Artstar und für einen in „Gewerkschafts“-Design gestalteten Schokoriegel. Ihre Projekte sind meistens partizipatorisch. Grennan lebt in Nord Wales und Sperandio in Houston, Texas.

www.kartoonkings.com