Katharina Heilein
„Construction Time Again - phase 2“
Recherche, Modellbau, Installation
"Construction Time Again - Phase 2". U-Bhf. Schloßstrasse, von Di. 07.12. bis Do. 09.12.2010, Endpräsentation des U10-Modells.
Foto: Merete Røstad
Mit der Übernahme des Westberliner S-Bahn-Netzes durch den Senat und die BVG 1984 wurde nicht mehr in U-Bahn-Linien investiert, die mit S-Bahnstrecken konkurrierten. Damit führte auch die Wiederinbetriebnahme der stillgelegten S1 zur Wende in der Planung der parallel laufenden U10-Strecke.
Die Berliner Künstlerin Katharina Heilein hat 2009 die damaligen Verkehrsplaner der U10 und verschiedene Zeitzeugen der S-Bahn-Geschichte interviewt und baut jetzt zusammen mit U-Bahn – und Ortskundigen auf der Grundlage von vorhandenen Bauplänen, weiteren Expertenberichten und Landesarchiv-Dokumenten die Strecke in wöchentlichen Modellbau-Workshops nach.
Das Modell wird über 6 Monate gleichzeitig von beiden Enden her gebaut, beginnend mit den Bahnhöfen Weißensee und Drakestrasse.
Regelmäßige Einladungen an die lokale Bevölkerung entlang der Strecke folgen - zur Besichtigung von U10-Rohbauten, zur oberirdischen Spurensuche, zum Ideenaustausch und zur Beteiligung am Modellbau.
"Construction Time Again - Phase 2".
Besichtigung U10-Bhf Rathaus Steglitz am 21.5.2010.
Foto: K. Heilein
Termine Herbst / Winter 2010:
- So. 12. September 11 bis 16 Uhr
Zwischenpräsentation des U10-Modells und Besichtigung des U10-Rohbaubahnhofs Innsbrucker Platz zum Tag des offenen Denkmals.
- So. 19. September
Besichtigung des U10-Rohbaubahnhofs Kleistpark.
- So. 03. Oktober
Besichtigung des U10-Tunnels im U-Bhf. Alexanderplatz
- Di. 14. September bis Di. 30. November
Modellbau der U10-Strecke im Künstleratelier, Heynstr. 5, 13187 Berlin-Pankow
- Di. 07. bis Do. 09. Dezember
Endpräsentation mit Führungen, U-Bhf. Schloßstr., U9 Bahnsteig Richtung "Osloer Str." (Eröffnung am 07.12. um 18 Uhr)
In der Präsentation des Modells auf dem stillgelegten U10-Bahnsteig im U-Bhf. Schloßstraße in Dezember wird über eine integrierte Audioarbeit das Thema U-Bahn und S-Bahn noch einmal auf besondere Weise verknüpft werden, um auf die Spur der ungeahnten Potenziale der Phantom-Linie U10 zu führen.
Sie haben Lust mitzubauen?
Dann melden Sie sich bitte unter info@u10-berlin.de oder 0173 2009608.
"Construction Time Again - Phase 2".
Zwischenpräsentation im U10-Rohbaubahnhof Innsbrucker Platz am 12.9.2010
Foto. Merete Røstad
Katharina Heilein
„Construction Time Again - phase 1“
Recherche, Diskussion, Installation
Letzte S-Bahn unter DDR-Regie in West-Berlin. Mit Kranz der West Berliner IGEB e.V. 08.01.1984.
Foto: Michael Müller
Kontext
Der U-Bahn wurde im Westteil Berlins bis 1982 eine starke Bedeutung zugemessen.
Zurückführen lässt sich dieser Fakt auf den Umstand, dass die S-Bahn im Rahmen der Beschlag-
nahmung der Deutschen Reichsbahn durch die Alliierten nach der Kapitulation in die Betriebs-
führerschaft der DDR überging. Die Mehrheit der Westberliner boykottierten die sogenannte "Ulbricht-Bahn"
und der Senat lehnte die Forderungen aus dem Ostteil der Stadt ab, sich an den S-Bahn-
Kosten zu beteiligen. In Absprache mit den Alliierten änderten sich ab 1982 die verkehrspolitischen
Ziele seitens des Senats und die Integration der S-Bahn ins ÖPNV-System wurde ins Auge gefasst.
Damit verbunden war die Verteilung der vorhandenen Investitionsmittel auf S-Bahn und U-Bahn. Mit der
Entscheidung für die Wiederinbetriebnahme auch der stillgelegten Wannseebahn trat die Wende in der
Planung der U10 ein, die bis dahin als Alternative zu dieser gedacht war. Verhandlungen zwischen
dem Westberliner Senat, der Deutschen Reichsbahn, der DDR und den Alliierten mündeten 1984 in der
Übernahme des Westberliner S-Bahn-Netzes durch den Senat und die BVG. Der Senat investierte
fortan nicht mehr in U-Bahn-Strecken, die sich in Konkurrenz zu bestehenden S-Bahnstrecken
befanden. 1985 wurde endgültig beschlossen, dass die U10 nicht mehr gebaut werden würde.
Ausschnitt aus "Construction Time Again - phase I"
Audio: Brigitte Krämer
Idee
Anknüpfend an die NGBK-Ausstellung über die Berliner S-Bahn von 1982, die nicht nur mit dem Verfall
derselben kritisch umging, sondern sich auch zum Bau der konkurrierenden U-Bahnlinien positionierte,
soll die "Phantom-Werdung" der Linie U10 im Zusammenhang mit der Betriebsübernahme der S-Bahn durch den Westberliner Senat 1983/84 betrachtet werden.
“Construction Time Again - phase I". Installation und Diskussion mit den
Verkehrsexperten Udo Dittfurth (Leiter des S-Bahn Museums), Christfried
Tschepe (Fahrgastverband IGEB), Erhard Hübner-Kosney und Rüdiger
Lemnitz (beide Abt. Planung ÖPNV-Infrastruktur des Senats), Dieter Müller
(ehem. S- Bahn Triebwagenführer, Mitwirkender im Film 'Berliner Stadtbahn-
bilder') und Alfred Behrens (Film- und Drehbuchautor, u.a. 'Berliner Stadt-
bahnbilder') im "U3 Tunnel", Potsdamer Platz am 10.12.09.
Foto: Francisco Queimadela
Zeitrahmen
2009:
Am 10. Dezember findet dazu eine Gesprächsabend im "U3 Tunnel", den U10-Rohbaubahnhof am
Potsdamer Platz statt. Verschiedenen Zeitzeugen sind eingeladen, die das Ende der DR S-Bahn in
Westberlin bzw. den Abbruch der U10-Planungen und der baulichen Vorleistungen erlebt haben. Kuriose
Situationen und Anekdoten aus der Zeit des Geisterstrecken-Daseins der S-Bahn führen auf die Spur
der ungeahnten Potenziale der Phantom-Linie U10.
Die visuelle Referenz zum historischen Prozess der Betriebsübernahme der S-Bahn durch die BVG
1984 sollen die Kränze an den Zügen- und sogar Kranzniederlegungen an den Bahnhöfen am letzten
Tag der S-Bahn (DR) sein. Die Künstlerin möchte einen Satz der anwesenden Zeitzeugen (max 5) über
diese Zeit auf jeweils eine Kranz-Trauerschleife drucken lassen, die auf den 5 mit Stoff bespannten
Tischen liegen sollen. Die Kranzschleife soll unter einem speziellen Trauerkranz liegen, der Text soll
erst einmal verdeckt sein und erst durch das Hochheben des Kranzes im Verlauf des Abends sichtbar
werden. An dieser Stelle wird eine Audioinstallation von die Künstlerin Brigitte Kramer integriert sein, bei
der der Schleifen-Text (und weiteres) für alle Gäste des Abends hörbar sein wird.
Am Rande der Veranstaltung wird die Künstlerin die "geIüfteten" Kränze zu Blumensträußen
umwandeln und sie den Diskussionsteilnehmern am Schluss überreichen.
Satz von Rüdiger Lemnitz auf dem Kranzschleife.
Installation bei “Construction Time Again - phase I".
Foto: AG/U10-archive
2010:
In Phase 2 wurden die Recherche fortgesetzt, diesmal mit Interessenten aus der Öffentlichkeit. Die über Pressemitteilungen angekündigten Rohbaubesichtigungen und oberirdischen Spaziergänge luden ein, sich auf die Spurensuche nach den Relikten einer Planung zu machen, die nicht nur eine große -Südwest-Tangente gewesen wäre, sondern gleichzeitig auch alle anderen U-Bahnlinien gekreuzt hätte.
Vierzehn Teilnehmer dieser Spurensuche entschlossen sich im weiteren Verlauf zum Modellbau von Stationen und entwarfen ihre eigenen Bahnhöfe als Visionsräume für ihre Stadtteile.
"Construction Time Again - Phase 2". U10-Bhf Weißensee im Bau.
Modellbauer: T. Reibeholz und K. Heilein.
Foto: K. Heilein
Prozess
In wöchentlichen Workshops wurden in Zusammenarbeit mit der Künstlerin fünfzehn Modelle in Handarbeit gebaut, jeweils beginnend mit dem Bahnhof Weißensee im ehemaligen Ost-Berlin und Drakestraße in West-Berlin. Einige Modelle vergegenwärtigen die existierenden Vorratsbauten, andere zeigen geplante Stationen und wurden der eigenen Phantasie folgend gebaut.
Präsentation
Auf dem ungenutzten U9/U10-Bahnsteig im U-Bhf. Schloßstraße wurde im Dezember 2010 eine Mischung der Teilaspekte des Projektes präsentiert: fünfzehn Modelle, Recherchematerial, Bild- und Textdokumentation des Prozesses und Audiobeiträge der ehemaligen Planer aus Ost- und West-Berlin.
Die ca. einhundert Meter lange Installation wurde der Öffentlichkeit und dem Fachpublikum drei Tage lang durch die Mitwirkenden vorgestellt.
Lebenslauf
Katharina Heilein, geb. 1971 in Dresden, lebt und arbeitet in Berlin
Studium in Dresden (HfBK Dresden), Kopenhagen (Det Kongelige Danske Kunstakademi) und London (Central Saint Martin's College of Art and Design). MA Fine Art am Goldsmiths College London. Realisierung von kollaborativen Projekten (www.sloapsolutions.com), Arbeit mit verschiedenen Medien und Rollenspiel; Lehrtätigkeit und Durchführung von workshops, Ausstellungsbeteiligungen in London, Prag, Helsinki, Dresden und Berlin (kürzlich: 'Knast sind immer die anderen', NGBK Berlin, 2009).
www.sloapsolutions.com
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